Weitwanderberichte (Strecke) außer Deutschland

Alpenüberquerung

 

- Zu Fuß von Bayern nach Südtirol -

 

Teil 1

 

 

Mit Freunden vom Hamburger Alpenverein war ich im Jahr 2020 in zwei Etappen auf einer Alpenüberquerung südlich von Rosenheim bis nach Brixen unterwegs. Hier mein Bericht zur 1. Etappe, die bis zum Achensee in Österreich ging (Bericht Teil 2 veröffentliche ich mit einer WanderPost in Folge). Die Etappen drei und vier bis zum Ziel, dem Gardasee, sollen in 2021 diesem Jahr erwandert werden, sofern es die Pandemie zulässt.

 

Treffpunkt war Rosenheim. Nachmittags sind wir mit der Bahn angekommen und haben bei schönem Wetter den Tag in einem bayerischen Biergarten ausklingen lassen.

 

Wir hatten Glück – Corana-Pause.

 

Tag 01 Rosenheim-Niederaudorf 27.06.2020

 

08:30 Uhr ein kurzes Stück mit der Bahn von Rosenheim nach Flintsbach. Start 08:45 10 Min durch den Ort und von dort in den Wald. Auf sehr schönen Pfaden, wenig Forstweg, meist steil aufwärts. Schöne Blicköffnung auf Almwiesen (mit vielen hübschen Blumen) bei Einkehrmöglichkeit "Höhe Asten". Dann weiter zum Bichlersee. Schöne Pause auf einer Bank am kleinen See bei sonnig warmen Wetter. Hier sind außer uns auch ein paar Leute unterwegs. Noch gut einen km weiter zum Bichler See Wirt - der uns als Gruppe für eine Nacht nicht haben wollte. Einkehr mit Leberknödelsuppe und Apfelstrudel. Von nun an geht's bergab. Erst Asphalt, dann wieder Waldpfade. Herrliche Blicke ins Inntal und auf den Wilden Kaiser.
Im Alpenhof treffen wir Michael und Marianne, die erst heute angereist sind. Nun waren wir komplett zu 7. Nach dem Essen kommt Sturm und Gewitter auf. Ich musste einige Kleidungsstücke, die zum Trocknen aufgehängt hatte, vom Dach unter meinem Balkon einsammeln. Der Sturm hat alles weg geweht. Ein echt klasse 1. Trekkingtag.

 

 

Tag 02 Niederaudorf – Bayerischzell 28.06.2020

 

Der Sturm und Regen ist vorüber, die Wolken hängen noch tief, aber es ist schon warm. Aus dem Ort raus wandern wir an einem Zufluss des Inn entlang und danach in den Wald und auf kleinen Wegen aufwärts. Oben über Weiden, durch einen Hof, eine Wiese hinunter und durch Wald wieder zu einem Weiler. Nun auf asphaltierter kleiner Straße teilweise steil aufwärts. Beinahe oben erhaschen wir den ersten Blick zum Wendelstein. Über Wiesenhänge und Skipisten geht es zu unserem Ziel, die Bröselalm. Super nette junge Frauen managen alles. Leider beginnt es am Abend zu regnen.

 

 Tag 03 Bayerischzell – Bäckeralm 29.06.2020

 

Der Regen vom Abend hat nicht nachgelassen. Somit ist klar, dass wir die kurze und unkritische Talvariante wählen. Die ursprünglich geplante Tour über den Fellalm-Sattel machte bei diesem echt schlechten Wetter keinen Sinn. Wir wandern einen Schwenk durch Bayerischzell und dann auf der anderen Tal- und Flussseite weiter. Es geht eine Weile eben am Bach entlang. Da wir für unsere nächste Unterkunft zu früh sind und der Regen weniger wurde, entschlossen wir uns für einen Abstecher zum Gasthaus Sillberghaus aufzusteigen, obwohl uns klar war, dass es geschlossen ist. Dort nutzten wir die Bänke für eine Mittagsrast, zumal es gerade eine kleine Regenpause gab. Ab hier noch einmal 100 Hm rauf und dann auf der anderen Bergseite wieder 300m runter ins Tal. So haben wir die Zeit gut überbrückt und als wir um 15:30 Uhr vor Ort waren wurden wir schon im ausschließlich für uns reservierten Gasthaus Bäckeralm empfangen. Ich hatte ein sehr schönes Zimmer für mich alleine. Gegen 18 Uhr verzogen sich die Wolken und der Regen, der Himmel wurde blau und blauer. Es gab einen schönen Tagesausklang mit guten und auch lustigen Gesprächen.

 

 

 

 Tag 04 Bäckeralm – Ackernalm 30.06.2020

 

Wir verlassen die nette Gastlichkeit und laufen neben einer Straße mit folgendem Grenzübertritt nach Österreich. In einem Gartenhaus hocken zwei menschliche Skelette, die offenbar ein letztes Bier getrunken haben. Soll das ein Zeichen für uns sein? Ein wenig nach der Grenze wandern wir rechts in einen Wiesenweg und schließlich den vor uns liegenden morgendlichen Sonnenhang in Kehren steil hinauf. Immer wieder haben wir einen tollen Blick zum Wendelstein. Wetterglück incl.

Unser Weg führt uns zur Schönfeldalm. Hier machen wir vor einer Hütte eine erste Rast bevor wir zum Gipfel und weiter auf einem herrlichen Pfad über den Grad wandern. Tolle Ausblicke rundum begeistern uns. Richtung Westen steigen wir zu einem Sattel ab. Vor uns liegt der geplante Aufstieg, ohne Weg- Kennzeichnung. Sieht sehr steil und alpin aus. Die zu überquerenden Gipfel sehen nicht vertrauenserweckend aus. So entschließen wir uns, zu unserer alternativen Schlechtwettervariante abzusteigen. Unterschiedliche Meinungen über den weiteren Wegverlauf führen bei Michael zu Verdruss. Jedoch, nachdem der Weg gefunden ist, laufen wir wieder rund und sind uns einig. Ein letzter gewaltiger Aufstieg, entlang einer mächtigen Felswand, hinauf zur Scharte liegt vor uns. Es kostet uns sehr viel Energie. Oben beginnt der Abstieg steil durch Latschenkiefern und dann über einen Wiesenweg. Ab einem Fahrweg bleiben wir auf diesem für die letzten 2 km. Das Abenteuer eines Pfades lassen wir dieses Mal links liegen. Auf der Ackernalm sind nur noch wenige Tagesgäste. Für den Abend und die Nacht bleiben wir unter uns. Die Wirtin hatte bis vor 2 Jahren eine ältere AV-Hütte am Wilden Kaiser, seit 98 Jahren war diese  als Familienbetrieb, bewirtschaftet. Sehr deutlich hören wir aus Ihren Worten, dass sie mit dem AV im Streit auseinander gegangen ist.

Tag 05 Ackernalm – Kaiserhaus 01.07.2020

 

08:45 Start, ein Stück die Straße hinunter mit tollem Blick zum Wilden Kaiser hinüber und danach den gegenüberliegenden Hang hinauf. Steiler Pfad im Wald, mit vielen schönen Blumen und Blicken auf unseren gestrigen Streckenschnitt, zum Thalerjoch hinauf. Dort erst einmal Pause und Blick zu beiden Seiten hin geniessen. Wir steigen die Wiese hinab zum Fahrweg, auf dem es weiter in Schleifen abwärts geht. Dunkle Wolken ziehen auf, es donnert und somit packen wir unsere Rucksäcke ein und die Regenschirm aus. Es gibt nicht viel, sodass wir bald wieder alles einpacken. Ich finde einen versteckten Einstieg in einen Pfad. Er ist nicht gekennzeichnet. Frank und ich sind mutig und nehmen diesen Pfad. Die Anderen gehen weiter auf dem Forstweg weiter. Unser Pfad ist klasse. Er ist wohl in Vergessenheit geraten. Schade, denn er kürzt sehr schön eine große Kehre ab. Auch danach noch zwei Mal Abkürzungen auf dem ursprünglichen Pfad. Im Tal kommen wir am Eingang zur Kaiserklamm vorbei. Wir behalten uns die Klamm für morgen vor, da es inzwischen sehr schwül geworden ist und es erneut nach Regen aussieht. Wenige Meter weiter kommen wir zu unserem Tagesziel, dem Kaiserhaus. Wir lassen uns im Biergarten unter dem Dachvorsprung und Sonnenschirmen für ein Willkommensbier nieder. Unsere Wanderkameraden kommen etwa 15 Minuten später ebenfalls, allerdings völlig durchnässt, an. Sie hatten Pech und noch auf den letzten 600 Metern den Schauer eines heftigen Gewitters abbekommen

Tag 06 Kaiserhaus – Gasthaus Haaser (Aschau) 02.07.2020

 

Die ganze Nacht hat es geschüttet. Wir waren hier die einzigen Gäste – dank Corona. So hatten wir teilweise Mehrbettzimmer als Einzelzimmer zur Benutzung. Am Morgen waren wir froh, dass es trotz starker Bewölkung nicht mehr regnete. Ich finde es immer gut, wenn man im Trockenen starten kann. Glücklicherweise konnten wir somit unsere Kurzwanderung durch die Klamm machen. Durch den vielen Regen war das besonders spannend. Die Brandenburger Ache führte sehr viel Wasser und aus allen Felsen schoss und tropfte es heraus. Ein grandioser Auftakt für diesen Wandertag. So wandern wir nach diesem Ausflug im Flusstal aufwärts. Wenn wir direkt nach Aschau gewandert wären, hätten wir nur eine sehr kurze Strecke gehabt. Am Abzweig war es weiterhin trocken, so dass wir uns für eine Schleife auf dem Adlerweg entschieden. Leider ging es nicht nur aufwärts, sondern auch auf breitem Forstweg weiter. Wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir auf halber Höhe dem Adlerweg nach links gefolgt. Es handelte sich dabei um einen alten Jägersteig, der uns ein wenig abenteuerlicher ins Tal zurück gebracht hätte. Die Mehrheit entschied sich für den Weg weiter hinauf und im Bogen um das Aschauhörndl und erst danach hinab zu unserer Unterkunft. Eine besondere Entschädigung für mich war die Unterkunft. Hier wurden wir super mit leckeren Speisen verwöhnt. Dabei saßen wir auf der überdachten Terrasse, während der Regen herunter prasselte.

 

 

 

Tag 07 Gasthaus Haaser (Aschau) - Bayreuther Hütte 03.07.2020

 

Stecken wohl in einer Schlechtwetterphase – typisch Nordalpenseite. Auch heute früh weiterhin Regen. Zum Glück sind die Temperaturen angenehm. Was allerdings ein Kleidungsproblem bereitet. Mit Regenkleidung wird’s von innen feucht, zumal es heute erneut über 1.000m aufwärts geht. Ohne Regenkleidung wird’s von außen nass und dann irgendwann auch von innen. Der Regen bleibt uns mehr oder weniger den ganzen Tag treu. Leider gibt es auch keine Einkehr, da mitten in der Woche und Corona bedingt „Anderl’s Almhütte“ geschlossen hat. Eng einander gekuschelt finden wir unter dem Vordach auf der Terrasse ein trockenes Plätzchen für unsere Mittagsrast. In der Bayreuther Hütte kommen wir gegen 15 Uhr an. In der Hütte sind wir unter uns in einem größeren Lager einquartiert. So ist immer ein Platz zwischen jedem von uns frei. Im Speiseraum sind Tische durch von der Decke hängende Tücher getrennt und jede Gruppe sitzt für sich. Schon alles etwas merkwürdig. Hüttenstimmung kann da nicht aufkommen. Aber wir sind froh, dass wir überhaupt hier sein dürfen.

Tag 08 Bayreuther Hütte – Erfurter Hütte 04.07.2020

 

In der Nacht war es etwas kühler geworden. Dafür war auch Wetterbesserung eingetreten und wir konnten ohne Regenkleidung den Aufstieg beginnen. Das machte gute Laune. Wichtig für heute, da wir doch zum Abschluss der ersten Etappe der Alpenüberquerung noch einen wirklichen Bergtag vor uns hatten. Über steile Wiesenhänge stiegen wir auf einer Strecke von 2 km 600 m hoch. Am Gipfelkreuz des Vorderen Sonnenwendjoch (2.224m) wurde natürlich ein Foto und Pause gemacht.

 Ab hier war dann auch ein gewisser Betrieb an Bergwanderern, die zumeist von der anderen Seite herauf kamen. Nach den Schlechtwettertagen zuvor, lockt es halt viele ins Rofangebirge. Beim Weiterweg machen wir eine kleine Schlaufe. Würden wir auf dem Sattel bleiben und den direkten Weg über den Sagzahn nehmen, ging es auf der anderen Seite nur über einen Klettersteig weiter. Auch auf unserem Pfad gab es eine mit Seilen gesicherte Passage. Auf dem Weiterweg rannten unterhalb von uns eine Vielzahl an Gämsen am Hang entlang. Diese Leichtigkeit, mit der sie im Gelände unterwegs waren, hätten auch wir gerne gehabt. Nicht ganz so leicht, aber sicher, erreichten wir unseren zweiten Gipfel für heute, die Rofanspitze (2.259m). Hier hieß es noch einmal die herrliche Aussicht genießen, bevor es dann hinunter zur Erfurter Hütte ging. Diese liegt in unmittelbarer Nähe der Seilbahn, die vom Achensee hinauf kommt. Dementsprechend betriebsam ist es hier im Umkreis von ca. einem Kilometer. Logisch, dass auch für die Versorgung ausreichend gesorgt war und wir den Nachmittag und Abend zum Abschluss nett ausklingen lassen konnten. Alle sind glücklich. Wir sind gesund und heil am Zwischenziel angekommen.

Tag 09 Erfurter Hütte – Fahrt zum Chiemsee – zur nächsten Tour.

 

Natürlich gibt es einen Fußweg ins Tal. Wie beinahe überall an solchen Stellen, handelt es sich um breite Ziehwege, die auch eine Fahrt mit dem Geländewagen erlauben. Solche Abstiege bereiten mir kein Vergnügen. Für uns war die Seilbahn hinunter nach Maurach die bessere Alternative. Von dort noch ein Stück mit dem Bus und dann mit der Bahn Richtung München. In Rosenheim bin ich ausgestiegen, da ich mich dort mit Gabi treffen wollte. Es blieb mir noch ausreichend Zeit für einen Gang in den Ort, ein Mittagessen und einen Halben in Biergarten vom Flötzinger Braustüberl. Am Ende musste ich mich dann doch noch sputen, um den Zug zu erreichen, in dem Gabi aus Hagen angereist kam. Gemeinsam ging dann unsere Fahrt weiter zum Chiemsee. Für uns stand nun die Weiterwanderung über die Bayerischen Alpen auf dem Programm. 2019 waren wir vom Bodensee zum Chiemsee gewandert und nun sollte es bis zum Königsee gehen. Und so war es – aber das wird ein anderes Thema und ist eine weitere Beschreibung wert.

 

 

 

Euer Rüdiger