Andros Route - Leading Quality Trail

Best of Europa

 

Ortswechsel zurück nach Batsi 26.10.17

 

Heute früh war das Wetter weiter unbeständig. Wir setzten unseren Plan um. Frühstücken, in Ruhe alles sortieren und einpacken und dann in aller Ruhe zum Busbahnhof. Bis der Mittagsbus fuhr hatten wir noch ein wenig Zeit. Die Inhaberin des Busunternehmens sprach uns an und fragte uns nach unseren Vorhaben. Wir wurden zu einem Kaffee und Gebäck eingeladen. Sie hatte zwei große Körbe voll Gebäck und jeder, der vorbei kam – bei den Schulkindern sprach es sich schnell herum – bekam ein Stück davon ab. Sie erzählte uns, dass sich an diesem

 

Tag  der Todestag ihres Mannes jährte. Nach dem Tod ihres Mannes wurde alles anders, berichtete sie. Plötzlich stand sie alleine mit der Firma, von der sie keine Ahnung hatte, vor einem Chaos. Sie hatte sich in dieses Abenteuer, der von Männern dominierten Welt, gestürzt und es offenbar geschafft. Der Betrieb ging weiter. Wieder einmal wurde uns klar, wie gute es uns geht und wie glücklich wir uns schätzen können, dass wir alle unsere Unternehmungen gesund und munter erleben können. Nach einer guten Stunde Busfahrt suchen wir in Batsi unser Hotel aus den ersten Tagen auf Andros auf. Erneut erhalten wir ein sehr schönes Apartment mit Blick über die Strandbucht und den Ort mit dem dahinter liegenden Hausberg. Über diesem hängen dunklen Wolken. Jedoch bleibt es heute Abend hier an der Küste trocken, so dass wir uns im Ort noch ein wenig die Beine vertreten.

 

 

Etappe 10 Paleopolis-Batsi 27.10.17

 

Wieder Wetterglück. Die tief hängenden Wolken haben sich weitestgehend verzogen. Die Luft ist frisch und klar. Optimales Wanderwetter – für mich. Gabi nimmt heute ihre zweite Auszeit. Ich schnüre meinen Rucksack und freue mich, dass ich heute, am letzten Tag doch noch die Abschlusswanderung auf unserer Andros Route wandern werde. Dazu gehe ich die knappe viertel Stunde von unserem Hotel hinüber zum Hafen von Batsi. Dort warte ich auf den Bus, der um 10 Uhr in Gavrio startet. Von hier, wieder in Richtung Süden, benötigt er bis Paleopoli (unser Ziel des letzten Wandertages am 24.10.) ca. 20 Minuten. In Paleopoli ist das kleine Kafenion bereits geöffnet. So genehmige ich mir erst einmal einen „Metrios“ (griechischer mittelsüßer Mokka). Heute freue ich mich richtig auf den vor mir liegenden Anstieg. Zügig steige ich auf dem schon bekannten Weg hinauf

und genieße die immer wieder tolle Aussicht. Oben angekommen ist es kein Problem, den Abzweig nordwärts zu finden. Zum einen waren wir ja schon hier und zum anderen ist die Markierung weiterhin nahezu perfekt. Ab jetzt Genussweg pur. Steinplatten und Pfad auf dem Boden, uralte Mauern rechts und links vom Weg. Noch einmal staune ich über diese, auf Andros einmalige Mauerarchitektur. Es gibt Ähnliches auf anderen Kykladeninseln. Diese

Formationen gibt es so nur hier. Leider geht der schöne Weg nach knapp zwei Stunden vorerst in einen Wirtschaftsweg über. Bis auf ein kurzes schönes Stück Pfad zwischendrin, wandere ich auf diesem bis zum Ort Aprovatou. Hier finde ich abweichend zur markierten Andros Route einen Dorfweg, den ich einschlage. Als ich wieder auf die Straße komme und erneut auf die Markierung stoße, wird mir klar, warum der offizielle Weg nicht hierher verläuft. Ich war auf dem netten Weg oberhalb an einer Taverne vorbei gewandert. Macht nichts, die fünfzig Meter gehe ich hinunter und kehre dort ein. Ich habe Glück dass geöffnet ist. Jetzt in der Nebensaison nur von Freitag bis Sonntag. Ich bin der einzige Gast. Nur ein junges kleines Mädchen schaut mich irritiert an. Ich muss mit meiner Wanderausrüstung (Hut, GPS, Stöcke…) wie ein Außerirdischer auf sie gewirkt haben. Nachdem ich mich nieder gelassen hatte und sich niemand um mich kümmerte, bin ich dann mal in die Küche gegangen. Dort saß Oma vor dem Herd und schälte Kartoffeln, so wie sich das gehört. Ich durfte in die Töpfe schauen (wie früher – heute kommt das leider nicht mehr so oft vor) und mir

mein Essen zusammenstellen. Nachdem ich von ihr erfahren hatte, dass das Rindfleisch von eigenen Rindern stammt, war mir klar, dass ich von dem Stifado (Gulasch) nehme. Das Lokal liegt am Hang und hat eine riesige Terrasse mit einem super Ausblick. Es heißt daher auch „Zum Balkon der Ägäis“. So gestärkt setze ich meine Wanderung, auf der mir wie immer niemand begegnete, fort. Hinter dem Ort geht es wieder wunderbar auf altem Monopati durchs Gelände. Immer das Meer und bald das Ziel Batsi vor Augen. Am Ende, dem Strand von Batsi, kommt mir Gabi entgegen. Wir ziehen unsere Schuhe aus und laufen noch einmal durch den Sand und das Meer. Schön, dass alles so gut geklappt hat und wir gesund und munter geblieben sind. In einem netten Fischlokal lassen wir den Tag ausklingen.

 

Batsi-Gavrio-Rafina-Athen-Olymp
28./29.10.17

 

Jede schöne (WeitWander-) Reise geht einmal zu Ende. Unsere Fähre wird erst am Mittag zum Festland hinüber fahren. So haben wir noch den Vormittag, um uns den kleinen Ochi-Tag-Umzug anzuschauen. Der Ochi-Tag (griechisch Επέτειος του «Όχι», Epétios tou Ochi, Jahrestag des „Nein“) wird jährlich in 

ganz Griechenland am 28. Oktober gefeiert und erinnert an die Ablehnung des von Benito Mussolini am 28. Oktober 1940 an Griechenland gestellten Ultimatums vor dem Beginn des Griechisch-Italienischen Krieges. Schon am frühen Morgen sind die Bewohner in die Kirche gegangen. Danach versammelten sich die Familien. Die Kinder hatten Festtagskleidung an und trugen griechische Fahnen durch die Straßen. Anschließend ging

man entweder ins Kafenion oder zum Familientreffen nach Hause. Für uns wurde es Zeit nach Gavrio zu fahren. Dort waren wir noch einmal mit Ulli verabredet. Sie hatte sich, als wir unterwegs waren, immer mal wieder nach uns erkundigt. Nun konnten wir ihr beim Mittagessen erzählen, wie gut es uns gefallen hat und dass wir ganz begeistert sind, von den schönen und vom Andros-Verein super gepflegten Wegen. Von Ulli bekomme ich noch

ein offizielles Wanderschild der Andros Routes als Andenken. Dann ist Abschied nehmen angesagt. Wir stehen am Fährhafen und wundern uns, dass wir fasst alleine sind und kein Schiff in Sicht ist. Wir fragen uns durch und bekommen die Info, dass das Schiff Verspätung hat – man wüsste nicht genau, ob es überhaupt kommen wird. Somit noch einmal Spannung. Wir sitzen die Zeit im Lokal, mit Blick auf den Anleger aus. Zwei Stunden

später kommt Bewegung auf. Gemeinsam mit vielen Griechen (keine Touristen) erklimmen wir das Schiff, das uns nach Rafina hinüber bringen wird. Ganz so traurig sind wir nun nicht mehr. Die Wolken hängen wieder tief und kündigen eine längere Schlechtwetterphase an. Dafür bescheren sie uns noch einmal einen grandiosen Sonnenuntergangshimmel. Bei Ankunft in Rafina schüttet es. Bis zum Hotel sind es nur 500 m. Das reichte, um uns rundum nass zu machen. Der Gang zum

Restaurant erfolgt dann auch mit Regenschirm. Am nächsten Morgen nehmen wir den Hotelshuttle zum Flughafen. Alles läuft nach Plan. Der Himmel ist wieder klar und ich habe von meinem Fensterplatz im Flieger einen schönen Blick hinab auf die Millionenstadt Athen. Dann fliegen wir über den mit viel Schnee bedeckten Olymp (den ich vor etwa 30 Jahren ebenfalls bei einem Trekking bestiegen hatte). Ein krönender Abschluss einer wunderbaren Trekkingreise.

Insel  Wandern und Fernwandern

 

 

Rüdiger Schneider